Sonntag, 29. November 2009

Gemeinsamkeit mit Titi

Im Moment finde ich immer schneller zumindest in der Arbeit mit Titi in die richtige Energie - da wo er mich mit kleinen Gesten erst testet und wo wir dadurch dann in einen Fluss kommen. Es ist wie, als würde er mir schon am Anfang der Arbeit sagen, wenn ich wieder etwas schlapp daherkomme; "Na, wach auf!"
Vorgestern wollte ich dann wieder mal etwas anderes machen und bin mit ihm am Halsring spazierengegangen. Dadurch, dass ich auf dem Kurs in der Schweiz nocheinmal mit dem Thema "richtiges Führen" konfrontiert war, klappte das echt super.
Man muss wissen, dass Führen am Halsring etwas - besonders auf einer offnen Wiese oder auf unklarem Gelände - etwas ganz anderes ist. Das Pferd ist im Prinzip völlig frei und das weiß es auch. Nie könntest du es so führen, wenn es nicht absolut bereit dazu ist, dir zu folgen. Hier führen Machtkämpfe dazu, dass es im blödesten Fall einfach den Kopf aus der Schlinge nimmt und Tschüss! Das Seil ist nur eine symbolische Verbindung und hilft dabei, die Führung klarer zu machen, könnte das Pferd aber nie an der Flucht hindern.
Deswegen war das bei mir und Titi lange Zeit nur bedingt möglich - auch wenn er im Prinzip mir gerne gefolgt ist - Grasen oder Denicheur waren meistens interessanter - und so gab es ziemlich schnell geziehe. Da habe ich ihn lieber gleich ganz frie gelassen und dafür auf andere Wege verzichtet, sondern an den Stellen meinen Raum genommen, wo er hinwollte.
Jetzt spürte ich aber, dass er bereit war, mir zu folgen. Das hat mich riesig gefreut. Ich habe ihm auch gezeigt, dass ich weiß, dass er frei ist und ich keine Machtmittel mehr habe und er es ist, der sich ganz frei mir anschliesst. Deswegen habe ich auch nicht aus jedem Grasbüschel ein Drama gemacht, sondern bin nur vorangeschritten. Dann sind wir noch über den Kieshaufen geklettert. Es gab ein oder zwei Momente, da hat er sich überlegt, ob er nun doch mal wieder nach seinen Kumpanen sehen sollte, hat sich mir dann aber wieder selbstverständlich und vertrauensvoll angeschlossen. Er hat mich nicht einmal überholt oder auch nur versucht zu Zubbeln oder ähnliches.
Wir waren einfach - gemeinsam - ebenbürtig - frei. Ein tolles Erlebnis.
Danach habe ich noch ein bisschen frei Bodenarbeit mit ihm auf der Koppel gemacht und er war wie noch stolzer als zuvor (hat mir sogar verkleinert!) - wo ich schon dachte, dass das nicht mehr möglich sei. Nun kommt er immer mit ganz erhabenen Schritten zu mir, wenn ich rauskomme.
Bis zum nächsten Mal!

Donnerstag, 19. November 2009

Denicheur: große Fortschritte in der Bodenarbeit

Wir hatten nun ja viel von meiner Arbeit mit Titi. Man darf aber darüber nicht übersehen, dass wir auch mit Denicheur enorme Fortschritte machen! Gestern hatten wir bei einer ganz tollen Sequenz endlich wieder Fotos gemacht, die ich nun mit euch teilen möchte.Ganz zu Anfang machen wir ein paar Runden am Seil. Das, was früher nie ging, geht jetzt fast problemlos, solange wir ihm zeigen, dass wir ihn wirklich nicht schikanieren wollen. Selbst auf das Signal zum Wechsel reagiert er, wenn er auch ungern auf die Seite seines blinden Auges geht. Hier geht er noch etwas steif, aber er war ja auch noch gar nicht aufgewärmt.
Dann ist es wichtig, ihn auch noch frei zu arbeiten. Da er heute schläfrig ist, hüte ich mich ins Drücken zu kommen und begleite ihn im Schritt und verkleinere ihn. So wird meine Körpersprache klar. Unbewusst hat er ja schon oft verkleinert. Nun aber beginnt er wirklich zu begreifen und verlässt den Zirkel. Er ist noch unsicher, wie er sich genau halten soll, reagiert aber einwandfrei. Und das will etwas heißen, denn meine Körpersprache ist alles andere als immer korrekt.
Jonathan übernimmt und seine coole, souveräne Art bringt gleich mehr Schwung. Auch jetzt versuchen wir das Verkleinern. Hier verlässt Denicheur schon den Hufschlag. Denicheur neigte immer noch zum Abspulen und hielt höchstens einmal leicht den Kopf enger. Jetzt freut er sich über das "Neue" und nimmt es bewusst auf.
Ja, und dann verkleinert er einfach traumhaft. Leider waren dann die Schatten schon so tief, dass halt alles auf den Fotos dunkel ist. Aber toll wie er kreuzt. Ich finde auch, dass er sich eigentlich recht gut biegt.
Natürlich sind wir noch nicht Meister darin. Auch Denicheur weiß noch nicht genau, wie er seinen Körper bei der Verkleinerung wirklich ausbalanciert, da er noch sehr stark damit beschäftigt ist, sich auf den Menschen zu konzentrieren. Aber wir sind auf einem guten Weg!
Ich und Jonathan ergänzen uns seit dem Kurs in der Schweiz immer besser. Deshalb arbeiten wir oft zu zweit. Denicheur kennt das inzwischen schon und versteht es als "Denkarbeit", wo jeder seinen Teil mit einbringt. Mit Jonathan liebt er vor allem das freie Spiel, siehe das Steigen:
So, ich hoffe, die Fotos haben euch gefallen. Diese Session war echt toll und ich bin immer noch total gerührt von dem, was wir alles erreicht haben!

Mittwoch, 11. November 2009

Zirkusvorstellung


In Frankreich gibt es zwei Sparten von "Alternativer Pferdearbeit". Entweder die Leute machen "équitation éthologique" inspiriert durch Parelli, Josh Lyons und Andy Booth oder in Richtung "spectacle équestre" siehe Pignon, Lorenzo und Co. Von der Arbeit her muss ich sagen, dass ich letztere klar bevorzuge. Sie arbeiten meistens mit stolzen Hengsten, die sich gerne präsentieren. Sich zu zeigen ist für ein Pferd bis zu einem gewissen Grad ja etwas positives. Dieser Aspekt fehlt mir bei all den PNH-Leuten leider.
Trotzdem, wenn man sich die Pferde einer solchen Show mal genauer unter die Lupe nimmt, sind diese häufig enorm gestresst. Alles muss dann perfekt funktionieren und da sind wir ganz schnell wieder beim Benutzen. Schließlich wird ja nicht mehr gefragt, ob das Pferd jetzt eigentlich wirklich Lust hat, zum zigtausendsten Mal das Gleiche zu machen. Man bedenke; wenn eine Figur, Übung etc. wirklich sitzt - wie oft ist die wohl zuvor geübt worden? Meistens spricht das schon aus den Augen der Pferde selbst.
Und trotz dem allem hat uns Titi letztens eine echte Zirkusvorstellung gegeben und sich ins Zeug gelegt. Ich hatte schon mit ihm gearbeitet. Freier Wechsel durch den Zirkel klappt jetzt schon richtig gut - zumindest auf der einen Hand. Trotzdem, dass es eigentlich eine nette Session war, war es noch nichts so Besonderes.
Ein Freund von uns hat mir letztens eine Wippe für Pony und Esel gebaut. So weit muss ich hier nun nochmal ausholen. Vielen Dank an ihn. Mit Titi habe ich früher ja ganz viel solche Sachen geübt. Und er liebte es auf Paletten zu klettern. Wenn nur ich ihn mal wieder nicht schikanierte, er muss nun alles so oder so machen. Wir legten die Wippe am ersten Tag zu ihnen in die Koppel und auch wenn er es blöd fand, dass sie kippelte, kletterte er natürlich sofort darauf herum. Auch Fanou kam und so standen sie am Ende zu zweit mit den Vorderbeinen auf der Wippe (Fotos folgen).
Seit dem ist die Wippe ein begehrtes Spielzeug. Naja, an dem Tag dann eben dachte ich mir nach der normalen Longenarbeit, holen wir nocheinmal die Wippe rein. Super ist er gleich drauf und diesmal klatschten unsere Zuschauer und gaben Beifall. Mensch war der dann stolz! Wippe rauf und runter, Spanischer Schritt (schön flüssig vorwärts!), ganz beeindruckendes Steigen, Cavaletti und jedes Mal gab es Beifall. Zum Schluss kam er dann an den Zaun und begutachtete sein Publikum. Das war vielleicht toll!
Man bedenke aber: Titi war zu jedem Moment völlig frei und das wusste er auch. Ich habe nicht stur Lektionen gefordert, sondern ihm Angebote gemacht, wie z.B. auf die Wippe gezeigt oder vorraus gegangen. Zeigen musste er sich dadurch selbst und das hat er mit Freude getan.
Vorstellungen sind also eine Sache, die man behutsam überdenken muss. Ich weiß, dass ich einen kleinen Künstler habe - aber wie begehrt wird der erst, wenn seine Darbietung exklusiv und selten ist? So sollten wir unsere Pferde betrachten: als stolze Künstler mit ausgeprägter Persönlichkeit. Als exklusive VIPs. Wir wollen nicht vom Boden abheben, denn auch die Prominenz wird viel zu oft kommerzialisiert. Aber es ist besser, als Pferde auf ihre Kosten für unser Vergnügen oder unseren Geldbeutel zu verheizen. Lasst uns zumindest versuchen, herauszufinden, wie wir ihnen gerecht werden können!