Winterzeit ist für mich immer eine Zeit der Müdigkeit: entweder ist es eisekalt draussen oder so schlammig, dass man mit dem Auto den Weg zu unserer Wiese nicht ordentlich hochfahren kann. Lange Stunden sitze ich zu Hause rum und habe Zeit zum Nachdenken. Zu viel Nachdenken kann aber auch alle möglichen Ängste und Probleme kreiren, so dass ich manchmal sogar das Gefühl habe, es wäre besser, den ganzen Tag fernzusehen statt sich irgendwelche Problempunkte auszudenken.
Wenn dann das Wochenende kommt habe ich meistens mehr Zeit. Das liegt ja nicht daran, dass in meinem Geschäft dann weniger Arbeit anfällt, aber wir haben uns das familienintern so abgesprochen. Am Samstag auf der Wiese war ich zum Umfallen müde, blieb im Auto sitzen, aber in der angenehmen Stille wollten die Gedanken nicht aufhören zu rumoren.
Ich kann mir ein ganzes Paket Ängst und Zweifel ausdenken; wie schwach und unfähig ich bin, dass es sogar für mich Stress ist, mein Pferd von der Koppel zu holen, es zu striegeln oder gar in den Reitplatz zu gehen wenn es aufgeregt ist - all das bildete ich mir ein. Ich muss an dieser Stelle sagen, dass es manchmal berechtigt ist, zu zögern, oder etwas unheimlich zu finden. Angst gehört nur zu den Gefühlen dazu wenn man versucht, eine Situation einzuschätzen. Von daher ist es normal - finde ich zumindest - sich unwohl zu fühlen, wenn ein Pferd absichtlich droht.
Dann musste ich an Sabines Buch denken, indem ein ganzes Kapitel Ängsten etc. gewidmet ist. Ich war mir auf einmal ganz sicher, dass ich Hilfe bräuchte, meine Ängste zu überwinden und dass diese mich ja so sehr einschliessen würden usw. usw.
Irgendwann war ich dann so müde, dass ich mir dachte: will ich mich jetzt WIRKLICH nur mit solchen Sachen peinigen und denen dann auch noch so viel Wertigkeit geben??? Und das war der Moment, wo ich wieder umdenken konnte.
Ich kann doch nicht verlangen, dass die anderen mir vertrauen, wenn ich mir selbst nicht vertraue! Wie soll sich ein Pferd mir anschließen, wenn ich Angst vor ihm habe? Wie soll mein Pferd (oder Partner) mich lieben, wenn ich mich selbst nicht liebe?
Und WER kann mir geben, dass ich mich selbst liebe, mir vertraue und meine Angst überwinde - AUSSER ICH SELBST. Ich muss doch damit anfangen, mir SELBST zu VERTRAUEN ... Sebst - Vertrauen ... es war als wäre ich endlich bei Licht angekommen.
wie weggeblasen war alle Müdigkeit und ich sprühte vor Energie und Experimentierfreudigkeit. Versonnen holte ich Strick, Bürsten und Leckerlie und holte das Pferd von der Weide und siehe da: wo waren meine Zweifel??? Freudig spazierte Pferd neben mir artig zum Reitplatz und arbeitete mit mir.
Ich machte aber gar nicht viel, sondern war nur gefangen in meinem Glück. Völlig frei blieb er bei mir stehen als ich ihn putzte (Denicheur hatte mit dem Striegeln bis vor Kurzem immer noch das frühere, schmerzvolle Reiten verknüpft und wich gerne aus wenn man mit der Bürste kam). Ich war großzügig mit den Naschereien und das gefiehl ihm. Zum aller- allerersten Mal, spürte ich ganz deutlich, dass er sich über den so ganz engen Berührungskontakt freut und sich ausgiebig durchkraulen lassen wollte.
Mich erfüllte das mit so einem Glück - unbeschreiblich. Wir begannen auch, den Spanischen Schritt zu üben - und es klappte! Ich war einfach psychisch in der richtigen Verfassung! Mit der selben Energie schaffte ich es dann auch ganz allein ihn wieder auf die Koppel zu bringen, ohne dass er auch nur versucht hätte, sich wieder durch das Tor zu mogeln.
Vielleicht braucht dieses Pferd - und ich - genau das: Selbst - Vertrauen. Ich bin kein hochgradiger Pferdeflüsterer oder eine solche Erscheinung wie Jonathan es ist. Es stimmt; ich bin langsam, mir geht schnell die Puste aus und könnte einiges an Kondition gewinnen - aber ist das ein Grund dafür, sich selbst nicht zu mögen, nicht glücklich und mit Selbstvertrauen im Leben zu stehen? Und ich glaube, genau das ist es auch, was dieses Pferd sucht ... Vertrauen in seinen eigenen Stolz.
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