Donnerstag, 2. Februar 2012

Das Pferd als Accessoire

Woran für mich noch vieles im heutigen Umgang mit Pferden und auch Tieren im Allgemeinen krankt, ist, dass diese so häufig zwar als wichtig formuliert werden, letztlich aber doch nur als zusätzliches Accessoire für die eigene Selbstdarstellung dienen. Das ist jetzt ein kurzer Satz für ein eigentlich langes Thema, welches vor allem nicht einfach zu erörtern ist.

Ein geliebtes Zubehör zu sein ist nämlich nicht zwingend etwas Schlechtes. Man denkt zuerst an das Extrem: der Yorkshire-Terrier im rosa Tüllkleid. Aber das muss ja nicht die Regel sein und wenn wir unser Betüddeln des Lieblinges dafür einsetzen, dass er hochwertiges und gesundes Futter bekommt und ansonsten artgerecht umsorgt wird, dann ist das sicher das Letzte, was es schlecht zu machen gilt.

Quelle: thellmannphotography
Bei Pferden gibt es da aber noch einen ganz anderen Aspekt. Anekdote: Bei mir im Ort gibt es eine Schneiderin, welche in gehobeneren Kreisen unterwegs ist. Für sie waren Reitklamotten nicht unbedingt das, womit man sich in der Öffentlichkeit präsentieren konnte. Deshalb entwarf sie eine Marke von teuren Damenhosenröcken, mit welchen sich reiten lässt und gleichzeitig elegant feminin in edelsten Materialien gekleidet bleibt.

Bis ich diesen Zusammenhang verstanden hatte, verging für mich einige Zeit, denn seltenst würde ich in einem Outfit für über 1000 € zu meinem Pferd gehen, nicht, weil es das nicht wert ist, sondern weil ich gar kein Bedürfnis habe, irgendein Kostüm zum Reiten anzuziehen - das ist natürlich etwas persönliches und ich finde es auch toll, wenn man Wert auf sein Äußeres legt, aber in mir fing es natürlich an, nachzudenken.
Wenn wir unseren Blick so auf äußere Schönheit richten können, viele Euros ausgeben, für das richtige Outfit, schöne Zaumzeug und das Pferd mit der langen Lockenmähne, warum haben wir dann keinerlei Wahrnehmung dafür, dass die meisten Pferde die wir so geritten sehen ein todtraurigen Blick haben und ihre Künste gedrückt und gezügelt vollführen?

Ich habe einzelne, ganz einfache Personen erlebt, die einen unglaublich innigen Moment hatten mit ihrem Pferd und das strahlen ihrer beiden Gesichter war so schön, dass es den gesamten Tag erhellte. 
Lachende Pferde - Lachende Menschen; ganz ohne Kostüm ;-) (mit Genehmigung von Sabine Birmann)

Anderntags diskutiere ich dann mit jemandem, der gerade seine Reithose plus Putzzeug in hellblau gekauft hat, aber das Pferd steht schlecht gefüttert auf dem Paddock und die Person (fiktiv) traut sich ihr Pferd noch nichteinmal sinnvoll zu führen und schwärmt vom Schimmel mit der langen Mähne.

Quelle: Stephanie92 von gegen-bilderklau
Es muss der Friese, Tinker, Araber, Andalusier, Isländer sein und wenn dieser nicht funktioniert, dann ist man wirklich frustriert. Pferde, die sich aber auf diese Weise benutzen lassen, sehen so unglaublich traurig aus. Manche freilich, fühlen sich gefeiert und mögen es, sich zu präsentieren, können aber auch nie ihr eigenes Wesen zeigen.

Da sind dann Shows auf den Pferdemessen mit Pferden zwischen Flammen, mit Ritterrüstungen und vollführen irgendwelche noch extravaganteren Übungen. Das Pferdegesicht wird aber meistens bereits ausgeblendet und man sieht nur ein schäumendes Maul hinter der Kandare ... was bitte ist daran noch wirklich schön???