Gebe ich bei Google das Stichwort "Gewaltfrei" im Zusammenhang mit "Pferde" und "Reiten" ein, so komme ich als erstes Ergebnis auf einen Artikel über Monty Roberts. Ich will nun nicht lange über diese Methode sprechen - dazu bräuchte es mehrere, gesonderte Artikel - aber ich will mich tatsächlich einmal bewusst damit auseinandersetzen, was wir als gewaltfrei empfinden und wie man zwei Begriffe wie "Gewalt" und "Freiheit" in einem Wort unterbringen kann.
Offensichtliche Gewalt |
Es gibt also auch psychische Gewalt. Um jemanden einzusperren muss man nicht hauen und trotzdem erlebt "das Opfer" Gewalt.
Schauen wir uns nun das Pferd an. Als Fluchttier wird sein Inneres auf Bedrohung zumeist mit Davonlaufen reagieren, denn es setzt von seiner Natur aus darauf, gar nicht erst in den Kampfmoment zu kommen, da es dann - gegenüber einem Raubtier - bereits verloren hat.
Viele Leute zucken zusammen, wenn sich ein Pferd absichtlich von einer Peitsche treffen lässt, weil es einfach den Individualraum nicht respektiert, haben aber gleichzeitig das Gefühl, dass Ausbildungsmethoden die aktiv den Willen des Pferdes brechen, dabei aber das Pferd nicht berühren, automatisch gewaltfrei sein müssen. Und dann finden sie es auch noch normal, wenn sich in einem Herdenverband die Pferde vom Futter wegjagen - ich frage mich wirklich, wo da noch die Logik ist!
Wo ein Wille ist
Wenn ich einen Betonpfosten übersehe und mir deshalb schmerzhaft die Zehen daran anstoße, habe ich nicht das Gefühl, dass mir gerade jemand Gewalt angetan hat - manchmal schelte ich mich noch selbst für meine Dummheit. Ähnlich übrigens, wenn ich vor mich hinträume, aus Versehen eine Person vor mir anremple und diese mich dann zurückweist. Selbst wenn mein Freund mir auf den Fuß steigt ist das für mich noch keine Gewalt, solange er selbstverständlich wieder runtergeht sobald ich ihn darum bitte.
Was ist schon Freiheit? |
Anders fühle ich mich, wenn er seinen Fuß nicht runternehmen würde, mich dabei noch angrinst und mir klar wird, dass er das bewusst tut um mir zu schaden. Dieses Gefühl habe ich auch, wenn mich jemand absichtlich blamieren möchte, mir egoistisch etwas nimmt was mir wichtig ist oder mir körperlich auf den Leib rückt, obwohl ich zu verstehen gegeben habe, dass ich das nicht möchte.
Wenn wir hier anfangen, genauer hinzuschauen, merken wir vielleicht, wie stark man sortieren muss um zu verstehen. Als Fazit würde ich im Moment sagen, dass Gewalt dort anfängt, wo jemand bewusst handelt - nicht zwingend nur um mir zu schaden, sondern auch weil er rücksichtslos nur an sich selbst denkt und dabei meinen Lebensraum verletzt.
Es ist also der Wille des Einzelnen dahinter, der den Unterschied macht und nicht, ob ich körperliche Schmerzen erleide. Am meisten Schmerzen habe ich wahrscheinlich bei der Situation mit dem Betonpfosten - da habe ich mir dann vielleicht sogar etwas gebrochen - trotzdem ist sie kaum so schlimm für mich, als wie wenn ich absichtlich vor allen Leuten bloßgestellt werde. Das alles mal als Beispiel.
Raumeinnehmen |
Gebrochener Stolz
Wenn wir uns das Fluchtverhalten der Pferde wie oben geschildert anschauen, dann müssen wir eigentlich zugeben, dass kaum etwas in der heutigen Reiterei so mal eben gewaltfrei genannt werden kann - auch Methoden wie das Join Up von Monty Roberts nicht. Wirklich wäre das nur, wenn ein Pferd in jeder Sekunde die freie Wahl hat zu gehen und wir nicht versuchen, es dazu zu bringen etwas zu tun.
Nie ist das Pferd im Sport gut genug |
Doch wenn ein Pferd freiwillig kommt um mit uns zusammenzusein und zu arbeiten, sich zu zeigen - das ist wahres Glück und tatsächlich möglich! Alles was wir brauchen ist eine gesunde Portion Demut und die Bereitschaft, dem Pferd etwas Freiraum bieten zu wollen.
Fazit: die eigene Furcht vor der Gewalt
Spaß und Energie bei der freien Arbeit |
Dazu möchte ich nur kurz erwähnen, dass durch diese Nicht-Konfrontation sich die Ebene der Gewalt schnell auf eine andere verlagert. Das kann sein, indem man dann zu Methoden greift, die ohne Aufregung und ohne Streit auskommen, aber unterschwellig auch jede Form von Kommunikation einstellen.
Das ist dann wie, als ob mein Freund auf meinem Fuß stehenbleibt, aber so tut, als wäre da nichts. Wenn ich dann anfange vor Schmerz zu heulen und ihn mit der Körperkraft des Schmerzes wütend herunterschubse, schaut er mich verständnislos an und meint noch, ich hätte irgendein Problem, dass ich meine Aggressionen nicht unter Kontrolle hätte.
Ich wäre ihm in so einem Falle dankbar gewesen, wenn er mich zuvor angesprochen und gebeten hätte aus dem Weg zu gehen - dann wäre er mir hoffentlich noch nichteinmal auf den Fuß gestiegen.
Das als Beispiele mit auf den Weg und nun wünsche ich ein schönes Wochenende!
- Jaana